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  30.09.2009
 

Komödie über die Komödie

Premiere für „Nackte Tatsachen“ im Theater Chambinzky

Mit Komödien kennt sich das Theater Chambinzky bestens aus – und damit vermutlich auch mit all dem Wahnsinn, der hinter den Kulissen passiert, bevor das Publikum im Saal etwas zu Lachen hat. Da ist das Stück, das am jetzt Premiere hatte nur passend. Die Erfolgskomödie „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn ist eine spritzige Parodie aufs Boulevardtheater, eine überaus gewitzte Komödie über die Komödie selbst.

 

Drunter und drüber geht es bei der Komödie „Nachte Tatsachen “ im Theater Chambinzky. FOTO Theater

 

Die Farce „Nackte Tatsachen“ steht Stunden vor der ersten Aufführung, und Regisseur Lloyd (Wolfgang Stenglin) bewegt sich am äußersten Rand des Zusammenbruchs. Nichts klappt, die Kulissentüren klemmen, der Praktikant (Phillip Roswora) ist seit 48 Stunden auf den Beinen, die Schauspieler sind sich nicht über den Handlungsablauf im Klaren, und zu allem Überfluss muss man dringend sämtlichen Alkohol vor Harry verstecken. Ständig wird etwas panisch gesucht: Requisiten, Kontaktlinsen, Harry. Kurz: die Nerven liegen blank, die Premiere rückt unaufhaltsam näher, die bemühte Harmonie bröselt, das Publikum im Chambinzky hat Riesenspaß.

Wer glaubt, dass es schräger nicht mehr kommen kann, hat sich getäuscht: Im zweiten Akt zeigt Frayn die Komödie nach einigen Aufführungen – von hinten. Hinter den Kulissen tobt inzwischen ein kleiner Krieg: Eifersüchteleien, Eitel-, und Befindlichkeiten haben sich hochgeschraubt, eine wahre Schlangengrube. Das Geschehen Backstage übertrifft die Dynamik des eigentlichen Stücks bei Weitem, das (reale) Publikum lacht aus vollem Halse.

Damit nicht genug: Wenn im dritten Akt die letzte Aufführung der „Nackten Tatsachen“ auf die Bühne kommt, ist der nackte Wahnsinn vollends entfesselt. Jetzt klappt gar nichts mehr, der Albtraum jedes Theaterschaffenden ist wahr geworden, und die Zuschauer können sich kaum noch auf den Stühlen halten.

Johannes Friesenegger hat dieses Scheitern einer Theaterproduktion erfolgreich und äußerst genussvoll inszeniert. Ganz im Gegensatz zum fiktiven Regisseur Lloyd Dallas scheint er mit seinen Schauspielern bestens arbeiten zu können. Die Charaktere mit ihren deutlichen Unterschieden zwischen Schauspieler- und Rollenpersönlichkeit sind allesamt ein Genuss. Das Ensemble hat spürbaren Spaß bei der Sache, erzeugt gute Laune, die bei der Premiere mühelos überspringen konnte. In den (Doppel-)Rollen spielen Talia von Bezold, Hubertus Grehn, Siegfried Krockert, Monika Schiefer, Norbert Straub und Christina von Golitschek, unterstützt von Valentina Beyer als panische Regieassistentin Poppy.

„Der nackte Wahnsinn“ ist beste Unterhaltung für alle, die Komödien lieben, aber auch eine herrliche Satire für alle anderen – und wie gemacht für jene, die selbst schon einmal auf den Brettern (oder dahinter) standen.

Die nächsten Aufführungen sind von Mittwoch bis Samstag um 20 und am Sonntag um 19 Uhr.

 

Ulrike Wolk

 

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