Václav Havel (*1936), tschechischer Staatspräsident von
1993-2003, kann auf eine bedeutende Karriere als Autor verweisen. Seine
ersten Theaterstücke verfasste er in den 1960er Jahren unter Rückgriff
auf Elemente des absurden Theaters nach Ionesco. Als Vorsitzender des
Clubs unabhängiger Schriftsteller war er in der Reformbewegung des Prager
Frühlings aktiv, mit der Konsequenz, dass das kommunistische Regime ein
Publikations- und Aufführungsverbot für seine Stücke verhängte. Ab
1977 erschienen Havels Werke im westlichen Ausland -
"Versuchung" im Jahr 1986.
In "Versuchung" transponiert Havel den
Faust-Stoff in eine Groteske unserer Zeit: An einem Institut, das sich dem
Kampf gegen Aberglauben verschrieben hat, ist Doktor Faustka auf der Suche
nach der Wahrheit. Die anderen Wissenschaftler seines Institutes gliedern
sich vollkommen in eine scheinbar perfekte Maschinerie ein und unternehmen
nicht einmal den Versuch, dieses System zu hinterfragen.
Sicherheit ist der Lohn ihrer Anpassung, die einzige
Angst, die ihnen bleibt, ist die vor Verleumdung und ungerechtfertigter
Denunziation. Doktor Faustka lässt sich von dieser Angst nicht
beeindrucken – auf der Suche nach Wahrheit, sofern es diese gibt, verlässt
er den Pfad der reinen Wissenschaft und versucht, sich auf irrationalen
und mystischen Wegen dieser Wahrheit zu nähern. Begleitet wird er dabei
von der rätselhaften Fistula.
Die Versuchung ist überall anwesend, aber nie greifbar.
Der Weg in die Hölle ist mit Gutmütigkeit gepflastert.
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