Rentner-Rock:
ausgelassene Heiterkeit im Rathaus-Ehrenhof
So viel gelacht wird am Rathaus selten. Das
Theater Chambinzky sorgt mit seiner Inszenierung von
Eric Gedeons musikalischer Farce "Ewig Jung" im
Ehrenhof des Rathauses für ausgelassene Heiterkeit
und heimst bei der Premiere zu Recht begeisterten
Beifall der knapp 200 Zuschauer ein.
Das
Chambinzky im Jahr 2055 ist zu einem Pflegeheim
mutiert, in dem fünf Altstars des Ensembles in aller
Gebrechlichkeit tapfer nach dem Motto leben: "Alt
werden ist nichts für Feiglinge!" Zwischen Sessel,
Sofa und Rollator (altersstimmiges Bühnenbild:
Ulrike Schäfer und Andreas Zehnder) ertragen zwei
Schauspielerinnen und drei Schauspieler die
Beschwernisse, die steife Gelenke und krumme Rücken
mit sich bringen. Doch ihre Sangesfreude ist
ungebrochen und macht die Show zu einem
außergewöhnlichen Erlebnis.
Es wird
getanzt, gerangelt und gefummelt
Regisseur Hermann Drexler hält seine Akteure auf
Trab, von Ruhestand keine Spur. Es wird getanzt,
gerangelt und gefummelt wie in alten Zeiten.
Lediglich das Tempo der Abläufe ist etwas reduziert
– man ist ja keine Zwanzig mehr.
Lieder vom Krepieren und Verrecken
Durch
den kurzfristigen, krankheitsbedingten Ausfall von
Charlotte Penzel stand die Premiere auf der Kippe.
Wäre da nicht Talia von Bezold meisterlich in die
Rolle der betreuenden Schwester geschlüpft. Sie
betüddelt die Alten mit kindlichen Fingerspielen und
trägt ihnen mit voll tönender Singstimme
beschauliche Lieder vom Krepieren und Verrecken vor.
Wenn sich die Wachperson zurückgezogen hat, geht die
Ü-90-Partie richtig los und die SchauspielerInnen,
die ihr "greises Alter Ego verkörpern", schwingen
sich zu gesanglichen und gymnastischen
Höchstleistungen auf. Dann donnert "I love Rock`n
Roll" in den Hof, dient der Fuchspelz als
Luftgitarre und Jürgen Keidels Saxophon gibt den Ton
an. Jörg Ewert verliert seine Wortfindungsprobleme
bei einem romantischen "Buona Sera, Signorina".
Während der Joint die Runde macht, schwelgt man
mehrstimmig im Sound von "Scarborough Fair".
Das
Männertrio macht mutig auf "Easy Rider" und erntet
Lachsalven für die urkomische Choreografie von "Born
to be wild". Christina von Golitschek bringt als
bumsfidele Frau von G. die erotischen Erinnerungen
auf den Punkt und stellt auf Gloria Gaynors Spuren
mit enormem Stimmeinsatz die Rentnerlosung vor: "I
will survive"! In einem bewegenden Liebesduett
schmelzen Anne Hansen und Andreas Neumann in Maffeys
Dauerbrenner "Du, nur Du" dahin.
Alles Melodiöse
wird getragen von Pianist Bernhard Kuffer, dem
souveränen musikalischen Leiter. Ein unbeschwerter
Theaterabend, Prädikat "systemrelevant".