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  24.02.2007

Wenn Goldfisch zum Kätzchen wird

WÜRZBURG Die Story ist dürftig und vorhersehbar. Trotzdem setzen die Schauspieler die von David Pharao verfasste Komödie „Der Gast oder Ein Coach für alle Fälle“ im Würzburger Theater Chambinzky in muntere Unterhaltung um. Bei der Premiere wurden sie vom laut lachenden Publikum heftig beklatscht.

Es geht um den seit drei Jahren arbeitslosen Gérard und seine biedere Ehefrau Colette. Beide leben in einer recht kleinkariert eingerichteten Wohnung (Bühne: Sandra Haut/Johannes Schmidt), durch die permanent eine Spielzeugeisenbahn pfeift. Highlights in der spärlichen Behausung sind ein Goldfischglas samt Inhalt und ein Goldfischglas-Matisse-Druck an der Wand.

Die Beschaulichkeit des Ehepaars ist in dem Augenblick vorbei, als Nachbar Alexandre in die Privatsphäre einbricht und das ganze Leben der beiden auf den Kopf stellt. Denn er kommt just in dem Augenblick, als Gérard endlich eine Stelle in Aussicht und den zukünftigen Chef zum Abendessen eingeladen hat. Alexandre spielt sich auf als Coach und Mann von Welt, räumt die Wohnung um und mit natürlichen Verhaltensweisen auf. Das Unheil nimmt seinen Lauf.

Es gibt fast nichts, was nicht schief geht in der Komödie des Franzosen, die zur Zeit mit Daniel Auteuil in der Rolle des Gérard verfilmt wird. Auf der Chambinzky-Bühne übernimmt Wolfgang Stenglin diesen Part. Unter der Regie von Martina Esser tanzt, tobt, hüpft und hampelt er über die Bühne, als sei er Louis de Funes persönlich. Ganz Patriarch, der an der eigenen Rasanz scheitert, erinnert er durch Körpersprache und verblüffende Ähnlichkeit vor allem vor der Pause immer wieder an den französischen Komiker. Witzig sind seine Slapstick-Einlagen, und wenn er den Goldfisch mit „mein Kätzchen“ anspricht, bleibt im Publikum kein Auge trocken.

Glaubhaft schlüpft Dagmar Schmauß in die Rolle des harmlosen Frauchens, das im entscheidenden Augenblick explodiert. Ihr Erstaunen, ihre Entrüstung und ihre Verwandlung in einen rothaarigen Vamp sind streckenweise richtig komisch. Während das Publikum längst weiß, worauf alles hinausläuft, verbirgt der blauäugige Alexandre (Thorsten Rock mit durchgestylten Haaren und Glitzer-Clip im Ohr) hochtrabend sein eigenes Versagen unter dem Mantel der Großsprecherei. Gewohnt souverän und unaufgeregt agiert Kurt Egreder als Pontignac, der die Spießigkeit seines neuen Angestellten schonungslos aufdeckt. Denn für den neuen Job wird ein mittelmäßiger Wischiwaschi-Typ gebraucht, kurz: ein „Arschloch, das die Klappe hält“.

 

Ursula Düring

 

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