Nackter Wahnsinn
Das Chambinzky Würzburg macht das, was es am besten kann:
Komödien!
Es ist "Der nackte Wahnsinn". was vor und
hinter den Kulissen beim Theater passiert. Im "Chambinzky" hat nun
Regisseur Johannes Friesenegger die "Komödie über die Komödie" von
Michael Frayn noch mit eigenen Zutaten verschärft. Auch wenn
Theater-Insider über das Gesehene nicht immer lachen konnten, konnte
sich das Publikum herrlich darüber amüsieren und feierte die
Premiere.
Die Handlung ist schwierig zu erzählen: Es geht
um den 1. Akt eines Boulevardstücks, das der (unbeteiligte)
Zuschauer zuerst in der Generalprobe erlebt, dann bei einer
Nachmittagsvorstellung für Rentner, von hinten, hinter den Kulissen
und schließlich bei der letzten Aufführung nach der Tournee. Da ist
das totale Chaos ausgebrochen. Es endet mit drei Einbrechern, nicht
funktionierenden Stichworten und einer Handlung ohne jeden Sinn.
In
der Boulevardkomödie geht es um ein Haus mit vielen Türen, in dem
sich die Haushälterin allein wähnt, fernsehen und dabei Sardinen
verzehren will. Da aber schneit ein Makler samt Geliebter herein,
weil er das Haus leer glaubt. Unerwartet erscheint auch noch der
Hausherr samt Frau, offiziell in Spanien, weil auf der Flucht vor
der Steuer. Alle Beteiligten sehen sich zuerst nicht, nehmen aber
Spuren der anderen wahr. So schaukelt sich alles immer mehr hoch.
Schon bei der Generalprobe dieses Stücks geht alles schief. Der
Regisseur schreit, Sardinen verschwinden, tauchen wieder auf, ebenso
ein Kleid und Kontaktlinsen, ein Darsteller verspätet sich -
alkoholisiert? - , bis dann ein Scheich erscheint. Bei der
Nachmittagsvorstellung ist der Krieg ausgebrochen, jeder mit jedem
zerstritten, und bei der letzten Aufführung fliegen Sardinen durch
die Luft und jeder Sinn ist abhanden gekommen.
Abgesehen von dem etwas übertriebenen Schluss
war „Der nackte Wahnsinn" ein einziger Spaß. auch für die
Darsteller. Talia von Bezold war als trocken fränkelndes
Dienstmädchen mit Lockenwicklern herrlich komisch, Hubertus Grehn
spielte als Roger nur den „Coolen“, rastete aber oft aus. Seine
Eroberung „Vicky", dargestellt von der treudoofen Mia, Christina von
Gollitschek, war nur mit sich und ihren Kontaktlinsen beschäftigt.
Siegfried Krockert als Freddy bzw. Philip Brent ging ganz auf in der
Rolle des sensiblen Alternativen mit ständigem Nasenbluten; seine
Theater-Ehefrau Flavia, Monika Schiefer, war unglaublich umtriebig,
als Belinda überforderte sie sich fast in der Sorge um ihre
Kollegen. Norbert Straub, als Schauspieler stets auf der Suche nach
Alkohol, sächselte wunderbar als Einbrecher. Valentina Beyer gab die
naive Assistentin Poppy bedauernswert bemüht, und Philipp Roswora
den ungelenken Praktikanten Tim so ungeschickt wie möglich. Eine
Glanzrolle für Wolfgang Stenglin: Regisseur Lloyd, der anfangs das
Bühnengeschehen vom Zuschauerraum aus noch einigermaßen beherrscht,
später aber von den Ereignissen völlig überrollt wird.
Renate Freyeisen
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