Komödie über die Komödie
Premiere für „Nackte Tatsachen“ im Theater Chambinzky
Mit Komödien kennt sich das Theater Chambinzky bestens aus – und
damit vermutlich auch mit all dem Wahnsinn, der hinter den Kulissen
passiert, bevor das Publikum im Saal etwas zu Lachen hat. Da ist das
Stück, das am jetzt Premiere hatte nur passend. Die Erfolgskomödie „Der
nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn ist eine spritzige Parodie aufs
Boulevardtheater, eine überaus gewitzte Komödie über die Komödie selbst.
Drunter und drüber geht es bei der Komödie „Nachte Tatsachen “ im
Theater Chambinzky. FOTO Theater
Die Farce „Nackte Tatsachen“ steht Stunden vor der ersten Aufführung,
und Regisseur Lloyd (Wolfgang Stenglin) bewegt sich am äußersten Rand
des Zusammenbruchs. Nichts klappt, die Kulissentüren klemmen, der
Praktikant (Phillip Roswora) ist seit 48 Stunden auf den Beinen, die
Schauspieler sind sich nicht über den Handlungsablauf im Klaren, und zu
allem Überfluss muss man dringend sämtlichen Alkohol vor Harry
verstecken. Ständig wird etwas panisch gesucht: Requisiten,
Kontaktlinsen, Harry. Kurz: die Nerven liegen blank, die Premiere rückt
unaufhaltsam näher, die bemühte Harmonie bröselt, das Publikum im
Chambinzky hat Riesenspaß.
Wer glaubt, dass es schräger nicht mehr kommen kann, hat sich
getäuscht: Im zweiten Akt zeigt Frayn die Komödie nach einigen
Aufführungen – von hinten. Hinter den Kulissen tobt inzwischen ein
kleiner Krieg: Eifersüchteleien, Eitel-, und Befindlichkeiten haben sich
hochgeschraubt, eine wahre Schlangengrube. Das Geschehen Backstage
übertrifft die Dynamik des eigentlichen Stücks bei Weitem, das (reale)
Publikum lacht aus vollem Halse.
Damit nicht genug: Wenn im dritten Akt die letzte Aufführung der
„Nackten Tatsachen“ auf die Bühne kommt, ist der nackte Wahnsinn
vollends entfesselt. Jetzt klappt gar nichts mehr, der Albtraum jedes
Theaterschaffenden ist wahr geworden, und die Zuschauer können sich kaum
noch auf den Stühlen halten.
Johannes Friesenegger hat dieses Scheitern einer Theaterproduktion
erfolgreich und äußerst genussvoll inszeniert. Ganz im Gegensatz zum
fiktiven Regisseur Lloyd Dallas scheint er mit seinen Schauspielern
bestens arbeiten zu können. Die Charaktere mit ihren deutlichen
Unterschieden zwischen Schauspieler- und Rollenpersönlichkeit sind
allesamt ein Genuss. Das Ensemble hat spürbaren Spaß bei der Sache,
erzeugt gute Laune, die bei der Premiere mühelos überspringen konnte. In
den (Doppel-)Rollen spielen Talia von Bezold, Hubertus Grehn, Siegfried
Krockert, Monika Schiefer, Norbert Straub und Christina von Golitschek,
unterstützt von Valentina Beyer als panische Regieassistentin Poppy.
„Der nackte Wahnsinn“ ist beste Unterhaltung für alle, die Komödien
lieben, aber auch eine herrliche Satire für alle anderen – und wie
gemacht für jene, die selbst schon einmal auf den Brettern (oder
dahinter) standen.
Die nächsten Aufführungen sind von Mittwoch bis Samstag um 20 und am
Sonntag um 19 Uhr.
Ulrike Wolk
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