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  17.4.2018

Im Theater Chambinzky gibt es „alles auf Krankenschein“

Eine Notlüge funktioniert vielleicht unter vier Augen bzw. Ohren. Wenn nach und nach 20 davon beteiligt sind, steigt das Risiko der Aufdeckung exponentiell, ja sogar explosiv. Denn jedes Mal, wenn jemand neu in den Umkreis des Lügengespinsts hineintritt, muss ihm schnell etwas möglichst Harmloses aufgetischt werden, um etwaige Ungereimtheiten – und die fallen in einer guten Boulevardkomödie massenhaft an – auszubügeln.
Deshalb ist in Ray Cooneys Stück „Und alles auf Krankenschein“, das am Donnerstag im Würzburger Privattheater Chambinzky eine umjauchzte Premiere hatte, der zweimal geäußerte Satz besonders witzig: „Dafür gibt es sicher eine einfache Erklärung.“
Die wichtigsten Dialoge entfalten sich also mit der Notwendigkeit einer griechischen Tragödie. Dazu kommen witzige Missverständnisse, die der alte Routinier Cooney noch extra draufsetzte. Und die Bewegung von Figuren im Bühnenraum bringen weitere Kollisionen, Komplikationen und Kollateralschäden.
Regisseur Manfred Plagens hat diese Gagmaschine kompakt zusammengesetzt und offensichtlich durch intensive Probenarbeit so gut eingestellt und geölt, dass es nur an den Stellen rüttelt, die der Autor dafür vorgesehen hat. Und natürlich im Publikum, das sich ständig vor Lachen schüttelt. Hauptdarsteller Wolfgang Stenglin gibt seiner Figur die Autorität und Energie, um immer mehr Personen zu immer neuen Täuschungsmanövern ins Feld zu schicken, zu seiner persönlichen Rettung – die Szene ist ein Krankenhaus, das Problem ein uneheliches Kind, die Chance des Lebens seine Adelung.
Ihm zur Seite steht Felix Nitzsche. Trotz physischer Größenunterschiede begegnen sich da zwei auf Augenhöhe. Sie passen schauspielerisch herrlich zusammen. Da fügt es sich, dass der eine am Ende eine Funktion des anderen übernimmt. Form und Inhalt ergänzen sich – noch eine Ähnlichkeit mit dem Klassiker.
Bei Jutta von Heymann weiß man nicht ganz genau, ob eine leichte Steifheit allein ihrer Rolle geschuldet ist. Aber auch sie schwimmt wie alle Darsteller im Tempo der Inszenierung und in der Sicherheit ihres Textverständnisses. Fast schon etwas zu spielfreudig gab sich Marcus Füller als 18-jähriges Kind bei der Premiere. Er hat aber auch einen groben psychologischen Bruch, seine Figur, zu überspielen.
Ebenfalls laut, aber nicht zu laut, agierten Christof Stein, Jürgen Schumann und Daniela Vassileva, hübsch gemäßigte Töne schlug Michelle Neise an, während gerade Gerd Eickelpaschs leise Töne die lügenhafte Hauptfigur am stärksten bedrohen. An ihren Trenchcoats stets einwandfrei als Polizisten erkennbar sind Horst Fuchs und Wernher von Schrader, die sich in den Aufführungen bis 19. Mai in ihrer Rolle abwechseln.

JOACHIM FILDHAUT

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