Theater Chambinzky:
Der Kampf um die Betongold-Abrissbude
Wohnen verteuert sich seit Jahren rasant, wird
für viele Menschen zum Problem, für wenige zur
Chance, ihr Vermögen zu vergrößern. Wie weit sind
sie bereit, bei der Wohnungssuche oder Investition
zu gehen? Mit einem Augenzwinkern und amüsant
verpackter Zeitkritik gibt die Komödie "Drei Morde,
Küche, Bad" von Carsten Golbeck, deren Titel gängige
Immobilienannoncen variiert, Auskunft darauf.
Bei
der Premiere im KuZu-Kellertheater des Theaters
Chambinzky durfte das Publikum herzhaft lachen und
Bauklötze stauen ob der spielfreudigen
Protagonisten, auch wenn deren Lautstärke sich
mitunter mit Baulärm messen konnte. Regie in dem mit
Comedy- und Slapstick-Elementen gespickten Komödie
führt Carsten Steuwer.
Bruchbude
statt Luxussanierung
Was für eine
Bruchbude (Bühnenbild: Ulli Schäfer und Andreas
Zehnder) hat sich das ältliche Ehepaar Uwe und
Irene, gespielt von Ursula Bertelmann und Wolfgang
Stenglin, da bloß ausgesucht? Echte Alternativen zu
diesem Alptraum-Zuhause im vierten Stock gab’s
nicht, aus ihrer alten demnächst luxussanierten
Wohnung müssen sie wegen der zu erwartenden saftigen
Mieterhöhung raus. Da können sie froh sein, fürs
Alter ein Dach über dem Kopf gefunden zu haben.
Daher setzt die energiegeladene Irene alles daran,
sich hier als Feng-Shui-Beraterin selbständig zu
machen – und gleichzeitig ihrem Uwe zu, der auf die
Rente zu dämmert. Viel scheint der verkappte Linke,
Sprücheklopfer und gescheiterte Akademiker in seinem
Leben nicht erreicht zu haben. Gehorsam wie ein
Hündchen folgt er den Befehlen seiner Frau.
Noch
krasser unterscheiden sich die Charaktere beim
zweiten Paar, das ebenfalls dank Vorkaufvertrag
Anspruch auf die Wohnung zu haben glaubt. Kurz
nachdem Uwe und Irene eine Leiche entdeckt haben und
im Nebenzimmer beraten, was nun zu tun ist, stürmt
der ständig Handynetz suchende Philipp – Frido
Müller füllt die Rolle perfekt - in die einstige
gute Stube.
Wohin mit der Leiche?
Im Schlepptau dieses unangenehmen,
wichtigtuerischen, großmäuligen Typs: Jana, eine
Figur wie auf Daniela Vassileva zugeschnitten. Jana
schleppt tatsächlich. Nämlich alles, was man
braucht, um die eingeladenen asiatischen Investoren
bewirten zu können. Auch wenn sie manchmal versucht
aufzumucken, Philipp behandelt sie mal wie sein
Spielzeug, mal wie seine Sklavin. Schnell wird klar,
warum das betuchte Pärchen sich diese Bruchbude
ausgesucht hat: Philipp will den Häuserblock zu
Betongold machen - unter anderem "mit Rutsche bis
zum Main". Schon im Vorfeld dazu hat er seine
Luxusvilla verkauft, weil er durch den unmittelbar
neben ihr geplanten Bau einer Flüchtlingsunterkunft
einen Wertverlust befürchtet.
Als diese zwei so
unterschiedlichen Paar aufeinandertreffen, entsorgen
sie zwar gemeinsam die Leiche, doch das hindert sie
nicht an einem absurden Wettstreit um die Wohnung.
Sie streiten unter- und gegeneinander, befehden
sich, ätzen, kontern, herrschen einander an,
versuchen sich (fast) zivilisiert zu einigen, kommen
auf die absurdesten Ideen wie Rap-Battle und
gesungener Volksentscheid, um den Konflikt zu lösen,
vergessen Vorsicht walten zu lassen und zeigen, wie
weit sie für ihren Immobilientraum gehen würden . .