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  4.1.2012

Chambinzky: Mit Glitzerfummel und Perücke

Nicht nur komisch, sondern auch berührend: „Ein Käfig voller Narren“ öffnet sich im Theater Chambinzky

Kein Zweifel, die beiden sind ein reizendes Paar. Seit Jahrzehnten arbeiten und leben sie zusammen, meistern ihren Alltag, ihre Beziehungsprobleme, kümmern sich um Kind und Mitarbeiter, pflegen ihre Freundschaften, Macken, Allüren, Ängste. In ihrer Umgebung kümmert's keinen, dass sie bürgerlichen Kriterien nicht entsprechen, schwul sind: Albin tritt allabendlich als Travestie-Star Zaza in Georges Club „La Cage aux Folles“ auf.

Diesen Namen gaben Harvey Fierstein (Buch) und Jerry Herman (Musik/Songtexte) ihrem nach dem Bühnenstück von Jean Poiret entstandenen Musical. Den Welterfolg mit Kultstatus präsentiert das Theater Chambinzky als „Ein Käfig voller Narren“ seit dem letzten Abend des vergangenen Jahres. Trotz sicherlich ausbaufähiger gesanglicher Darbietungen spendete das Premierenpublikum mehr als nur Achtungsapplaus.

Erzkonservativer Politiker

Der Inhalt des Stücks ist schnell erzählt: Wie „normale“ Eltern haben Albin, der den Künstlernamen Zaza (Markus Fäth) trägt, und Georges (Wolfgang Stenglin) dessen Sohn Jean-Michel (Thomas Rehda) großgezogen. Nun will der junge Mann Anne (Marina Gebert) heiraten. Doch seine Liebe ist die Tochter des erzkonservativen Politikers Edouard Dindon, des Vorsitzenden des staatlichen Ausschusses für Moral und Sitte (Gerd Eickelpasch), und seiner Frau Marie (Brigitte Weber).

Beide Familien sollen sich kennenlernen und um das junge Glück nicht zu gefährden, unternehmen Zaza, Georges, Jean-Michel und Jacob, der lieber als Zofe denn als Butler agiert (Bernd Stollberger), verzweifelte Anstrengungen, normal zu erscheinen. Die leibliche Mama wird zwar eingeladen, kommt aber nicht, und daher schlupft Ziehmutter Albin – gekränkt, weil er als männlicher Onkel abserviert werden sollte – in die Rolle der exzentrischen Ehefrau. Für Probleme ist also bestens gesorgt. Und für ein Happy End natürlich auch.

Markus Fäth nimmt man sowohl die füllige Verführerin Zaza ab wie die fürsorgliche „Ehefrau“ und „Mutter“. Wie er greint und zickt, sich mit Glitzerkleid und Perücke ausstaffiert, sich schminkend den Frust über das Altern und später die Verletzung durch Jean-Michel und Georges mit „Ich bin, was ich bin“, dem wohl bekanntesten Song des Musicals, von der Seele singt, das ist nicht nur komisch, sondern auch berührend. Von Anfang an gibt auch Wolfgang Stenglin eine gute Figur als Nachtclubbesitzer ab. Er ist der eher unauffällige Schwule, liebevoll, um Harmonie bemüht, in dessen Laden die „Cagelles“ (Christos Syrmaidis, Frank Fiebig, Jürgen Östreicher und Arshad bin Hassan) stolperfrei trotz atemberaubend hochhackiger Schuhe und in Glitzerfummel auftreten.

Gefährdete Karriere

Das Duo Fäth/Stenglin hat Power, von der sich Thomas Rehda als etwas blasser, von der Situation überforderter Sohn noch eine Scheibe abschneiden könnte. Spielfreudig ist das Trio Dindon: Marina Gebert als Anne ist unkompliziert und reagiert ganz ohne Vorurteile auf das Outing der Schwiegereltern in spe, auch ihre Mama (Brigitte Weber) ist wenig schockiert von der Konstellation, während Heteropapa (Gerd Eickelpatsch) nur mit Blick auf seine gefährdete Karriere und dank eines Tricks von Wirtsfreunden des Schwulen-Paares (Petra Fröhlen, Achim Beck) in die Ehe einwilligt.

Für Live-Musik in diesem Stück um und mit verkleideten Kerlen unter der Regie von Achim Beck sorgten Stefan Lehr, Julius Herion und Moritz Wozar. Lob für das ständig schnell zwischen Nachtbar, Wohnung und Café wechselnde stimmige Bühnenbild gebührt Volker Harzdorf und Henry Schwarzott. Auch klar: Ohne die reizenden Kostüme und die aussagekräftigen Requisiten (verantwortlich: Birgit Sanders) hätte der Abend nur halb so viel Spaß gemacht.

 

Sabine Dähn-Siegel

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