Gehört Untreue zum „Ursprungszustand des Herzens“? Und,
wenn ja: eher beim Mann oder bei der Frau? In schönster Rokokomanier müssen
zu diesen Fragen isoliert aufgezogene Naturkinder als Demonstrationsobjekte
herhalten. Und siehe: Der Mensch ist ein unbeschriebenes Blatt, aber
unendlich narzisstisch.
Laufender Szenenapplaus feierte Marivaux' Komödie am
Wochenende im Würzburger Efeuhof bei ihrer Uraufführung. Denn
Regisseurin Angelika Hofstetter – vier Jahre lang eine der prägnantesten
Schauspielerinnen am Mainfranken-Theater – hat das Stück „Der Streit“
radikal neu übersetzt: Teils ganz nah am Original mit Sätzen wie „Das
ist ein sehr charmantes Objekt“, teils so frei, dass sie zwei kleine
Rollen mit Dialogen eines anderen Marivaux-Stücks aufwertete; so hat man
mehr von den Darstellern Esme Koslitz und Michael Völkl. Eingefasst mit
zwei Kabarettnummern und einer Videocollage heißt das gut proportionierte
Werk nun „Die Liebe – ein seltsames Spiel“.
Dass es auf der lauschigen Freilichtbühne derart prickelt
und zischt, verdankt sich der Chemie von dichter Personenführung und
Spielfreude, ja Spielwonne der Ensembletalente. In zeitlos-weißen
Schlichtgewändern geben vor allem beide experimentelle Liebespaare mimisch
große Oper. Der Witz dabei: Die jungen Leute nehmen Seelenregungen, die
ihre Figuren hin und her reißen, ganz ernst. Deswegen wirkt ihr groteskes Bühnengebaren
nie komisch-aufgesetzt. So hält die 17-jährige Carola Schmelter das
Gleichgewicht zwischen Stummfilmästhetik und unschuldigem Girlyismus. Mit
Tobias Neumann hüpft ihr ein ebenbürtiger Partner zur Seite. Dabei hat
jede Bewegung – auf der Bühne ist immer was los – ihren Sinn. Mit acht
Darstellern in zehn Rollen kann sich „Die Liebe“ auch vom Aufwand her
mit den meisten Sommertheatern Frankens messen. Qualitativ setzt die saubere
Bühnenarbeit aller Beteiligten ohnehin Maßstäbe