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  31.05.2024

Wohin sind die Sardinen verschwunden?

Eine der beliebtesten Komödien des Gegenwartstheaters ist "Der nackte Wahnsinn" von Michael Frayn, mit der dem britischen Theaterautor im Jahr 1982 der internationale Durchbruch gelang. Seither ist die flotte Kultkomödie aus den Theaterspielplänen nicht mehr wegzudenken. Im Würzburger Theater Chambinzky ist sie jetzt in einer Inszenierung von Monika Schiefer und Mio Müller neu herausgekommen. 

Ensemble   Foto: Oliver Mack Wuerzburg |

Leidenschaftliche Schauspielerinnen und Schauspieler Emilia Heid (von links), Maximilian Thurn, Hubertus Grehn, Horst Fuchs, Nicola Roch, Christina von Golitschek, Antonia Raaber und Wolfgang Stenglin begeistern ...

Sieben absolut identische Türen und ein Fenster nehmen, zwei Meter vom Vorhang nach hinten versetzt, die gesamte Bühnenbreite ein. Sie spielen, neben einem Teller Sardinen, die "Hauptrolle" in dieser irrwitzigen, temporeichen und raffiniert konstruierten "Stück im Stück"-Komödie, die das Theater selbst zum Thema hat. Musikalisch eingeleitet von Marvin Hamlischs Interpretation des Scott Joplin-Klassikers "The Entertainer" geht es sofort ins Geschehen: eine achtköpfige Tourneetheatertruppe und ihr Regisseur sind in der Generalprobe der Komödie "Nackte Tatsachen".

Zuschauer kringeln sich vor Lachen

Es ist kurz vor Mitternacht, nichts funktioniert: Türen klemmen, der Teller mit Sardinen fehlt, Kontaktlinsen gehen verloren, Requisiten fehlen – die Nerven aller Beteiligten liegen blank, am nächsten Tag soll Premiere sein. Mit seiner Erfahrung und der Ruhe eines Profis versucht Regisseur Loyd das Chaos zu steuern, doch auch ihm entgleitet das Geschehen immer mehr – sehr zum Vergnügen der Zuschauer, die sich im Chambinzky schnell kringeln vor Lachen. Wortwitz, Situationskomik, Slapstick, ständig aufgehende oder sich schließende Türen befeuern immer neue Wendungen.

Doch nach der Pause kommt es noch toller. Der zweite Akt zeigt eine der ersten Vorstellungen der "Nackten Tatsachen" – aus der Backstage-Perspektive. Hinter den Kulissen geht es zu wie im Tollhaus: Intrigen, Eifersüchteleien, Affären, Starallüren und die Jagd nach Alkohol entzweien das Ensemble, selbst der vormals coole Regisseur wird Teil des Intrigantenstadels. Ein wahrer Alptraum für Theatermacher, ein großartiger Genuss für die Zuschauer, denn mehr Theater geht kaum: perfekte Gestik und Mimik, irrwitzige Komik, perfekte Choreografie, exakt getimte Auf- und Abtritte, leidenschaftliche Schauspielerinnen und Schauspieler: Antonia Raaber, Andreas Neumann, Emilia Heid, Maximilian Thurn und Ursula Bertelmann, sowie mit Christina von Golitschek, Hubertus Grehn, Monika Schiefer und Wolfgang Stenglin (der nach gesundheitsbedingter langer Pause ein souveränes Comeback feiert) vier Darsteller, die schon bei der 2009er-Inszenierung dabei waren, werden mit stürmischem Applaus begeistert gefeiert.

Manfred Kunz

 

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