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  18.12.2001
 

Mechanischer Liebes-Reigen 

Wenn Egoisten kopulieren: "Blue Room" im Theater Ensemble

WÜRZBURG Arthur Schnitzlers "Reigen" sorgte bei der Uraufführung 1920 in Berlin für einen der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts: In "Blue Room" sucht der britische Dramatiker David Hare eine für das 21. Jahrhundert zeitgemäße Fassung des zeitlosen Themas erotische Anziehung und Abstoßung. Doch Stoff für einen Skandal ist das schon lange nicht mehr.

Auch nicht in der Inszenierung von Norbert Bertheau und Jutta Rülander, die im Würzburger Theater Ensemble Premiere hatte. Das Regieteam konzentrierte sich ganz auf die reduziert-sachliche Sprache der Figuren, die den zentralen Unterschied zu Schnitzlers expressivem Gefühlskosmos ausmacht. Hare's Liebessucher sind gefühlskalte Monomanen, Einzelkämpfer auf der Suche nach dem Partner für eine Nacht, liebessüchtige Egoisten, denen bereits "Gefühl" ein viel zu großes Wort ist.

Entlassen in die Freiheit des radikalen Individualismus unterliegen sie nicht mehr den Zwängen sozialer Milieus oder gesellschaftlicher Konventionen.

So ist es nur konsequent, die zehn Paar-Szenen in einem nur mit Bett, Stuhl und Tisch karg und zugleich variabel ausgestatteten, ort- und zeitlosen Raum zu zeigen: Ein Raum für die wortreiche Null-Kommunikation, für die schnelle Begegnung und das noch schnellere Ende; in dem sich wechselnde Partner zu einem mechanischen Liebes-Reigen finden, aus dem jede Erotik verbannt ist.

Für die Darsteller ist das Erleichterung und Herausforderung zugleich: Nicht Gefühle müssen gezeigt werden, sondern Gefühlskälte, nicht Figuren-Psychologie entwickelt, sondern Ich-bezogene Text-Präsentation. Und das gelingt dem wieder einmal weitgehend neu formierten Ensemble-Team durchaus stimmig. Wobei sich Monika Braminski, nicht nur wegen ihrer Doppelrolle als Mädchen und Model, den Applaus besonders verdient hat.

Manfred Kunz

 

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