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  07.07.2005
 

Auf Fränkisch wird das Herzele zum Luder 

Würzburg "Jedermann!", ruft der Tod mit hohler Stimme - und jagt dem Publikum der Salzburger Festspiele regelmäßig Schauer über den Rücken. Im Würzburger Rathaushof könnte der Ruf etwas anders klingen: "Jedermooo!" Denn ab 12. Juli geht dort das bekannte Spiel vom Sterben des reichen Mannes auf Fränkisch über die Bühne. Da spricht auch der Sensenmann Mundart.

Die Mundart-Version kommt vom bekanntesten fränkischen Mundart-Dichter, dem Nürnberger Fitzgerald Kusz. Rainer Binz und Regisseur Hermann Drexler haben den "Fränkischen Jedermann" für das alljährliche Freilichtspiel des Würzburger Chambinzky ausgesucht - auch, weil das Privattheater in der Vergangenheit mit Kusz-Stücken ("Letzter Wille", "Schweig Bub") Erfolge feierte.

Regisseur Hermann Drexler will dem Freilicht-Publikum "Theaterzauber" bieten und "mittelalterliches Spektakel". Entsprechend wird auch das Bühnenbild gestaltet. "Es ist ein wuchtiges Stück", sagt Drexler, der auch die beiden anderen Kusz-Dramen im Chambinzky inszeniert hat.

Die fränkische Variante eines Klassikers gibt's im Würzburger Rathaushof (Probenfoto): Jedermann (Markus Grimm) umarmt das Herzele (Christina Stibi).

Als Grundlage für seinen Text diente Fitzgerald Kusz der "Jedermann" Hugo von Hofmannsthals. Der wiederum verarbeitete ein mittelalterliches Mysterienspiel. Kusz "übersetzte" den Text des Wiener Literaten in eine fränkische Mundart, die Hermann Drexler als "Kunstfränkisch" bezeichnet. Bekanntlich gibt es "das" Fränkische ja nicht: Es zerfällt in viele verschiedene Mundarten. Ein Nürnberger spricht ein anderes Fränkisch als ein Würzburger, ein Coburger redet wieder anders. Sogar innerhalb einer Stadt kann es Unterschiede geben.

"Man hört bei uns Fränkisch in allen Schattierungen", sagt Drexler, auf dessen (langer) Besetzungsliste fast lauter Franken stehen, Hauptdarsteller Markus Grimm ist in Mannheim aufgewachsen. Grimm aber ist erstens ein Sprachtalent, der auch das Fränkische hinkriegt. Zweitens schadet es nicht, wenn sich die Hauptfigur leicht von den anderen abhebt. Christina Stibi spielt "Herzele". So heißt Hofmannsthals Buhlschaft bei Kusz - und sie ist hier ein Luder.

"Jedermann" erzählt die fesselnde Geschichte eines Menschen, dem im besten Alter der Tod die Hand auf die Schulter legt. Nun hat der reiche Mann eine Stunde Zeit, eine Begleitung für seinen letzen Weg zu finden. Die Freunde winken ab. Ausgerechnet "Gwissen" und "Glaum", die als allegorische Figuren auftreten, sollen helfen. Aber die sind wegen Jedermanns sorglos-oberflächlichem Lebenswandel ziemlich schwächlich . . .

Die Freilicht-Aufführungen des Chambinzky erlangten als "Freilichtspiele am Stein" Kult-Charakter. Voriges Jahr musste man in den Rathaus-Hof umziehen. Seither sucht Chambinzky-Chef Binz nach einem passenden Weingut, weil der Rathaus-Hof zwar zentral liegt, die Stadt aber zu viele Auflagen mache. Zum Beispiel müssen die 386 Zuschauerplätze nach jeder Vorstellung wieder abgebaut werden.

Ralph Heringlehner

 

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